Roter Faden

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Pädagogik vom Kinde aus

  • Eingehüllt in eine Rahmen gebende, tragende und schützende Gemeinschaft von Erwachsenen können die Kinder Lebenskompetenzen erwerben und diese schulen. Sie erleben Werte und Kultur in dieser Gemeinschaft und werden unterstützt, eigene Werte und innere Haltungen zu entwickeln.

  • Kinder werden als Partner im Lebens- wie auch Lernprozess gesehen und mit Achtung und Respekt behandelt.

  • In der Naturschule am Brosepark tragen die Kinder von Anfang an ein sehr hohes Maß an Verantwortung für sich selbst, für ihre Lernerfolge und für das System als Ganzes.

  • Lernen findet ohne Druck mit Freude und Motivation und über selbstverantwortliches Lernen in Modulen, in Projekten und im Freien Spiel statt, alleine, mit Freunden, in selbstgewählten wie auch vorbestimmten Gruppen und auch in eins-zu eins-Situationen mit Mentoren.

  • Innerhalb eines festen Rahmens entscheiden die Kinder in Absprache mit ihren LernbegleiterInnen selbst über ihren täglichen und wöchentlichen Lernstoff. Sie kreieren sich wesentliche Teile ihrer Lernerfahrungen selbst.

  • In unserer pädagogischen Arbeit legen wir viel Wert auf prozessorientiertes Lernen: Es kommt mehr auf die Qualitäten während einer Arbeit und die gewonnenen Erkenntnisse an als auf das Ergebnis. Nach dem Grundsatz „der Weg ist das Ziel“ ist es nicht nur erlaubt, sondern auch erwünscht, dass Fehler gemacht werden, um einen nachhaltigen Lernerfolg zu erzielen. Fehler machen zu dürfen heißt Neugierde zu entwickeln und Mut Neues auszuprobieren.

  • Bei uns lernen alle Menschen jeden Alters mit- und voneinander. Neuen Lernstoff erarbeiten sie sich selbst, mit Hilfe anderer SchülerInnen, mit kompetenten Menschen aus der Umgebung oder mit Hilfe der PädagogInnen. An die Stelle von Konkurrenz und Wettbewerb treten Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe.

  • Wenn es Kindern schwer fällt, sich ein Thema oder eine Technik anzueignen, erhaltenen sie Unterstützung von den sie begleitenden PädagogInnen. Aufgabe der Erwachsenen ist es, Kindern über die Schwelle zu helfen, wenn sie diese Unterstützung brauchen.

  • Die Kinder schaffen sich unter Beachtung von Grundregeln ihre Regeln im Umgang miteinander selbst und sorgen für deren Einhaltung. Um sie diesbezüglich mehr und mehr zu befähigen, erhalten sie eine fortlaufende und dem Entwicklungsstand der Kinder angepasste Friedensstifterausbildung, welche ihnen den Erwerb eines breiten Spektrums an Kommuniktionstechniken ermöglicht.

  • Alle Erwachsenen sind sich ihrer Verantwortung, Vorbildrolle und ihrer Rolle im Gesamtgefüge der Schulgemeinschaft bewusst und handeln entsprechend achtsam, wertschätzend und respektvoll gegenüber sich und anderen. Die Friedensstifterprinzipien sind die grundlegende Basis im täglichen Miteinander. Alle tragen Sorge für ihren eigenen inneren Frieden, wissen um die Macht und Bedeutung der guten Worte und bemühen sich nach Kräften um Einigkeit.

  • Kinder lernen, was sie später brauchen: mit Menschen umzugehen, sich selbst zu organisieren, sich in unserer Gesellschaft zurecht zu finden und ihren eigenen Lebensweg zu gestalten.

  • Leben macht Spass, Kinder lernen, dass das Leben Spaß macht, dass Schule Spaß macht.

Positiver Rahmen

Unser oberstes Ziel ist es, einen positiven Rahmen zu kreieren, welcher es Kindern und Erwachsenen ermöglicht, friedvoll und mit Freude beisammen zu sein. Kinder sollen sich in ihrem Tempo aus der ihnen innewohnenden Kraft heraus entwickeln, mit Freude und Leidenschaft lernen und vielfältige Lebenskompetenzen erwerben können. Kinder sollen gern in die Schule gehen. In einem annehmenden, fürsorglichen, wertschätzenden und freien Klima können sie Verantwortung für sich und andere übernehmen lernen. Dafür braucht es LernbegleiterInnen, welche diese Tugenden schon pflegen, welche in Frieden und mit Freude und Dankbarkeit ihre Arbeit tun. Deshalb wollen wir mit unserer Schule auch einen ansprechenden, verbindenden Lebens-Ort für die Lernbegleiter schaffen.

Immersion der englischen Sprache

Eine Besonderheit unserer Schule ist, dass die Kinder die Möglichkeit erhalten, von Schulbeginn an Englisch als zweite Sprache im Alltag nach dem Prinzip der Immersion (Eintauchen in Sprache) wahrzunehmen. Hierfür gibt es Lernbegleiter, deren Muttersprache Englisch ist, welche bis auf Notsituationen ausschließlich in ihrer Sprache mit den Kindern und auch untereinander im Team kommunizieren. So werden beide Sprachen im täglichen Miteinander erlebt und (kennen) gelernt.

Je jünger Kinder sind, desto leichter fällt ihnen das Erlernen von Sprachen. Je mehr Sprachen angeboten werden, desto leichter fällt es Kindern, die Struktur der Sprachen zu erkennen, zu verinnerlichen und sich anderen Sprachen zu öffnen. Hierbei geht es nicht um reines Vokabelwissen, sondern um Sprachsensibilität. Das Erleben mehrerer Sprachen im Alltag fördert zusätzlich die Wahrnehmung von anderen Kulturen und Weltanschauungen als Bereicherung, Hemmschwellen vor dem Erlernen anderer Sprachen entstehen erst gar nicht, und im Kontext zunehmender Globalisierung eröffnen sich den Kindern ganz andere Möglichkeiten durch das Zu-Hause-Fühlen in mehr als einer Sprache.

Zusätzliche immersive Unterstützung gibt es durch Spiele, Lieder und Geschichten auf Englisch. Mit zunehmenden Klassenstufen ist es angedacht, ein oder mehrere Themenfelder ausschließlich bilingual anzubieten, um die genuinen Funktionen von Sprache in stärkerem Maße als in der reinen Fremdsprachenvermittlung hervorzuheben. Das fordert die Kinder mehr und mehr heraus, als Arbeitssprache in diesen Bereichen Englisch zu wählen. Die Sonderauswertung zur DESI-Studie (Deutsch Englisch Schülerleistungen International) im Jahr 2006 zeigt: „Schüler in bilingualen Klassen haben einen sehr deutlichen Kompetenzvorsprung in allen Bereichen. Insbesondere kommen sie im Hörverständnis fast doppelt so schnell voran, wie andere Klassen.“

Diese Kritik, dass Fachwissen und Lehrer-Schüler-Beziehung im bilingualen Unterricht vernachlässigt werden, weil die Sprache zuviel Raum einnehme, ist unbegründet. Es wird stärker auf das Verstehen geachtet, tatsächlich treten Grammatik und die sprachliche Korrektheit eher in den Hintergrund, weil im bilingualen Unterricht die Grundregel gilt ‘message before form‘

Wolfgang Biederstädt (Schulleiter und Berater des Cornelsen-Verlages)

Natur als Lernort

Richard Louv forschte zum Thema Lebenswelt der Kinder ohne oder mit wenig Naturkontakt. Als Ergebnis seiner Forschung prägte er den Begriff „Nature Deficit Disorder“, welches die bedenklichen Auswirkungen von fehlender Naturverbindung und der Zunahme von inhäusigen Aktivitäten auf gesellschaftliche Systeme beschreibt. Bildung ist für Louv ein Prozess der Selbstorganisation; die Voraussetzungen für das Gelingen setzt die Umgebung. Das sind die Räume, die Dinge, die Erwachsenen und die Natur. Ohne Natur büßen Kinder ihre Kreativität ein, werden um ihre Lebensfreude betrogen. Sie funktionieren womöglich, aber sie verkümmern. Nicht ADHS sei die richtige Diagnose für das Leiden heutiger Kids, sondern der Verlust an Naturerfahrung. Zu einer gesunden Entwicklung brauchen Kinder eine vielfältige, überraschende, nicht fertige Welt, um sich selbst und die Welt mit fünf Sinnen zu erfahren.

In der Naturschule am Brosepark wollen wir Kindern in der Stadt diesen Erfahrungs- und Lernraum zur Verfügung stellen und mit den Grundlagen der Wildnispädagogik nachhaltiges, auf viele Lebensbereiche anwendbares Lernen ermöglichen.

Die Wildnispädagogik mit dem großen Aspekt der Naturverbindung ist die Wiederentdeckung einer der ältesten und natürlichsten Formen des Lernens und des Lehrens, wie sie seit Anbeginn der Menschheit vor 20 Millionen Jahren von Naturvölkern der Erde mit nur regional bedingten Abwandlungen angewandt wurde und noch immer wird. Mit einfachen Mitteln werden Kinder unterstützt, die Natur aus verschiedenen Perspektiven kennen zu lernen, sich als Teil der Natur zu begreifen, Verbundenheit, inneren Frieden, Liebe und Dankbarkeit zu empfinden. In der Natur können Kinder und auch Erwachsene leichter Ängste und Blockaden abbauen, ihre Wahrnehmung und Aufmerksamkeit schulen, ein Verständnis darüber entwickeln, dass alles Leben gleichberechtigt nebeneinander existiert und miteinander verbunden ist. Sie nehmen sich als Teil der Naturkreisläufe war. Mit dem Wissen um die Endlichkeit unserer Naturressourcen erhält der Aspekt, dass man nur, was man kennen und lieben gelernt hat, später auch schützen wird, eine neue gesellschaftliche und globale Dimension.

Jeder Mensch entwickelt sein eigenes Bild von der Welt aus dem, was er kennen gelernt hat. Dieses Bewusstsein besteht aus dem angeeigneten Wissen. Kinder lernen nach dem Grundsatz:

Ich höre und ich vergesse.
Ich sehe und ich erinnere mich.
Ich mache es und ich verstehe.

Konfuzius

Die tägliche Eingebundenheit in die Natur ermöglicht Kindern Erfahrungen aus „erster Hand“; sie können mit Herz, Kopf und Hand gleichermaßen „begreifen“. Die Natur bietet vielfältige Möglichkeiten, die verschiedenen Sinne zu schulen. Unterschiedliche Materialien wie Holz, Gras, Moos und Steine reizen das taktile System. Der Anblick der Bäume lässt die Reiz überfluteten Augen ausruhen. Ohren lernen, fern vom Großstadtlärm auch nach leisen Geräuschen zu lauschen. Die Bewegung an frischer Luft bei jedem Wetter stärkt das Immunsystem. Mehrmals wöchentlich von den Kindern zurückgelegte Wegstrecken ermöglichen ihnen nicht nur, ihrem natürlichen Bewegungsdrang nachzukommen, sondern tragen wesentlich dazu bei, ihre Kräfte besser einzuschätzen und ein Gefühl für die eigenen Grenzen zu entwickeln. Sie sind dadurch nicht nur weniger unfallgefährdet, sondern auch neugieriger, ausgeglichener und selbstbewusster. Ein guter Muskelaufbau beugt Zivilisationsgebrechen vor, ein gutes Körpergefühl hat große Auswirkungen auf das Selbstbewusstsein. Wer durch reizarme Umgebung und ausreichende, frei gewählte Bewegung täglich wenig Stress ansammelt, ist entspannter und emotional stabiler.

Die Natur war jahrtausendelang unser aller Lebensraum und bietet alles, was wir zum Leben brauchen. Wir wollen den Kindern anbieten, sich dieses alte, fast verlorengegangene Wissen, altes Handwerk, die Fähig-und Fertigkeiten, um in der Natur zu überleben, anzueignen und ihnen die Möglichkeit geben, sich immer wieder neu mit der Natur zu verbinden und eine geistige Verbindung mit all ihren unterschiedlichen Lebewesen einzugehen. Wir wollen ihnen beim Verwurzeln in ihrer Heimat helfen, mit alten Geschichten, Liedern und Spielen. Viele Kinderköpfe sind heutzutage gefüllt mit Automarken, Labels und Fußballstars. Wir wollen den Kindern helfen, nicht nur kurzlebige Informationen zu speichern, sondern sie auf die Welt, die sie umgibt, auf den Vogel, der morgens auf dem Nachbarhaus singt, auf die Kräuter zu ihren Füßen aufmerksam machen, damit sie Einheimische in ihrem eigenen Land, auf dieser Welt werden.

Da unser Schulgebäude in der Stadt liegt, suchen wir mit den Kindern grüne Lernorte innerhalb und außerhalb der Stadt auf.

An einem Tag in der Woche fahren wir in die Natur und verbringen den Tag mit Lunchpaketen, Sägen, Schnitzmessern, Kräutersammelkörbchen und kleiner Isomatte draußen, üben uns in Fährtenkunde und Vogelsprache, erwerben Wissen um Säugetiere und Bionik, treffen unseren Baumfreund und die Wiesenweihe, üben uns im Schleichen und Stillesein und haben eine Menge Spaß dabei.

Zudem machen wir uns an zwei Nachmittagen wöchentlich auf ins Grüne, um das erworbene Wissen zu festigen, Neues zu entdecken, einfach Kind zu sein und frei in der Natur zu spielen.

Um ein naturnahes Lernen zu ermöglichen, richten wir auch auf unserem Schulgrundstück Bereiche für grüne Klassenzimmer ein, in denen nicht nur Platz für Landartprojekte ist, sondern auch das Aneignen von Kulturtechniken stattfinden kann.

Seit dem Frühjahr 2018 haben wir im Botanischen Garten Blankenfelde die Möglichkeit, eine Parzelle des Bauerngartens zu bepflanzen und zu hegen.

Rolle der LernbegleiterInnen

Kinder wissen noch gar nicht, worauf es im Leben ankommt, deshalb braucht es verantwortungsvolle und hoch kompetente Erwachsene, die nicht die Vorstellung haben, dass sie Kinder bilden. Sie müssten Suchende sein, die nach dem suchen, was aus diesen Kindern heraus will. Wenn der Lernbegleiter keine emotionale Beziehung aufbauen kann, findet auch kein nachhaltiges Lernen statt.

Gerald Hüther

Bei uns werden die Pädagogen, welche im herkömmlichen Sinne LehrerInnen und ErzieherInnen tituliert werden, LernbegleiterInnen genannt, denn genau das sind sie: LernbegleiterInnen für alle Lernprozesse, welche Kindern mit Achtung und auf Augenhöhe begegnen.

Zu ihrem Grundverständnis gehört eine große Aufmerksamkeit für die jeweiligen Entwicklungsprozesse der Kinder und der benötigten Unterstützung für das einzelne Kind wie auch für die ganze Gruppe. Es braucht ein gutes Beobachten und eine Aufmerksamkeit für emotionale Prozesse unter den Kindern, damit diese gemäß dem Grundsatz „Störungen haben Vorrang“ (Ruth Cohn) bearbeitet werden können und dem Lernprozess der Kinder nicht im Wege stehen.

Kinder brauchen von den LernbegleiterInnen gute Rückmeldung, immer wieder neu ein Spiegeln ihres Entwicklungs- und Lernstandes und ein Vermitteln von Angenommensein und Geborgenheit. Ihre Aufgabe ist es, immer wieder mit den Kindern in Kommunikation zu gehen zu den Fragen: Wer bin ich? Wer will ich sein? Wie kann ich der Mensch sein, der ich sein will? Was brauche ich dafür? Wie lerne ich?

Als LernbegleiterIn ist es selbstverständlich, gut für sich selbst Sorge zu tragen und am eigenen inneren Frieden zu arbeiten, denn nur dann kann man die Vorbildrolle dauerhaft gut ausfüllen. Sich selbst und eigenes pädagogisches Handeln täglich zu reflektieren und das Bestreben, die innere Haltung eines Mentors einzunehmen, gehören genauso dazu wie die Weiterentwicklung im Team und mit den Kindern. Unsere LernbegleiterInnen gestalten Arbeits- und Lernprozesse nach dem Vorbild der Natur und den Freiraum für Kinder so, dass sie sich selber entdecken, kennenlernen, die eigenen Schwächen und Stärken herausfinden können.

Kinder entwickeln sich zu kompetenten, Verantwortung übernehmenden Erwachsenen, wenn sie nicht alleinige Gestalter ihrer Umwelt sind, sondern unter entwicklungsentsprechender Führung durch sie umgebende Erwachsene genau wissen, wo ihr Platz im Gemeinschaftsgefüge ist. Die LernbegleiterInnen füllen diese Führungsrolle mit gegenseitigem Respekt und Liebe aus, denn dann können sich Kinder nicht nur zur Freiheit von etwas, sondern zur Freiheit hin entwickeln.

Um Kindern ein gutes, starkes Vorbild zu sein, braucht es authentische Menschen um sie herum, die sich in ihren Bereichen nicht überfordert, sondern kompetent fühlen. Deshalb ist es für uns wichtiger als jede pädagogische Methode, dass die LernbegleiterInnen den Kindern wahrhaftig begegnen.

Ökopädagogische Prinzipien

Unser Team orientiert sein pädagogisches Handeln an folgenden Ökopädagogischen Prinzipien:

Wahrnehmung und Erlebnisfähigkeit fördern:

  • mit allen Sinnen

  • direktes Erleben

  • ganz wach sein im Hier und Jetzt

Lernen durch Handeln:

  • Erproben und Experimentieren

  • Erwerb vielfältiger Handlungskompetenz

  • Erfahrungen in der Gestaltung von Wirklichkeit

Orientierung bieten:

  • einfache, durchgängige Prinzipien

  • erfahrbare Wirkungen und Rückkopplungen

  • ermutigende positive Vorbilder

Kreativität fördern:

  • Phantasie

  • Vielfalt und Beweglichkeit im Denken

  • Verknüpfungen zwischen verschiedenen Erfahrungen

Zum Fragen und Reflektieren bewegen:

  • Bedürfnisse erkennen und anerkennen

  • Werte und Gewohnheiten erkennen und hinterfragen

  • Träumen und Visionen Raum geben

Partizipation und Solidarität:

  • Ermutigung durch Synergieeffekte

  • Individualität und Gemeinschaft wertschätzen

  • Beteiligung am gesellschaftlichem Wandel

Kultur der Verbindung, Wertschätzung und Dankbarkeit

Der Psychologe Rick Hanson beschreibt das Entstehen einer oftmals negativen Weltbetrachtung:

[Das menschliche] Gehirn sucht, registriert, verwahrt, erinnert und reagiert vor allem auf unerfreuliche Erfahrungen; … es verhält sich wie ein Klettstreifen für negative und wie Teflon für positive Erlebnisse.

Rick Hanson

Für das Überleben war dies lange Zeit existenziell, doch heutzutage braucht es in unserer Gesellschaft mit zunehmender Vereinzelung und schwindender Achtung allem Leben gegenüber ein deutliches Gegengewicht in einem verbindendem Miteinander.

Der Paarpsychologe John Gottman stellte fest, dass in gelingenden Beziehungen zwischen Menschen ein Verhältnis von 5/1 besteht zwischen Positivem und Negativem: Nur einmal Kritik auf fünfmal Wertschätzung, einmal Ärger auf fünfmal Freude. Vor diesem Hintergrund schaffen wir eine Kultur der gegenseitigen Wertschätzung, damit das Gute in unserer Schulgemeinschaft eine höhere Gewichtung bekommt. Ganz einfach geht das durch das Fühlen und Aussprechen von Dankbarkeit. Die Wissenschaftler McCullough und Emmons fanden heraus, dass Dankbarkeit als Schlüsselelement in vielen Kulturen der Welt angesehen wurde und bewiesen in einer Studie, dass tägliches Üben von Danksagungen die Zufriedenheit und das Glückempfinden im Leben eines Menschen erheblich steigern.

Dieses einfache Handwerkzeug wollen wir nicht nur als Türöffner für die Lernmotivation der Kinder nutzen, sondern auch als Unterstützung, Wertschätzung und Liebe für Natur und Menschen in sich wachsen zu lassen. In der Natur können wir unseren inneren Frieden finden, es fällt uns leichter, einander mit offenen Ohren und Herzen zuzuhören.

Konfliktkompetenz

Voraussetzung dafür ist die Erfahrung der Selbstwirksamkeit und die Gewissheit, sich in jeder Stimmungslage und Konfliktsituation angenommen fühlen zu können. Bei guter Begleitung können Konflikte als Chance gesehen und Unterschiede als Möglichkeiten gesehen werden. Die meisten Kinder entwickeln im Kindergartenalter ein ausgeprägtes auf sich selbst bezogenes Gerechtigkeitsgefühl. Das Sich-Hineinfühlen in Andere und Reflektieren der eigenen Interessen vor diesem Hintergrund als wesentlicher Schritt der Perspektivübernahme kann allerdings oftmals erst gegen Ende der Kindergartenzeit anfänglich entwickelt werden und gestaltet sich als wesentliche Entwicklungsaufgabe im Grundschulalter und darüber hinaus.

Um die Kinder dazu zu befähigen, erhalten alle Kinder eine Friedensstifterausbildung. In diversen Lernmodulen werden verschiedene Methoden der Konfliktbearbeitung alters- und entwicklungsentsprechend erlernt und ihre Anwendung stetig geübt.

Maßgeblichen Einfluss auf unserer Konfliktmanagement mit Kindern, mit Eltern als auch im Team untereinander haben:

  • Jon Young (Peacemaker Principles)

  • Sobonfu Somé (Trauerarbeit)

  • Marshall Rosenberg (Gewaltfreie Kommunikation)

  • Paul Watzlawick (Fünf Axiome)

  • Friedemann Schulz von Thun (Prinzip der vier Ohren, inneres Team, aktives Zuhören)

  • Thomas Gordon (Gordon-Modell)

  • Ruth Cohn (Störungen haben Vorrang)

  • Robert A. Emmons (Rolle der Dankbarkeit im Alltag)

  • Manitonquat Medicine Story (Weg des Kreises, Co-Counseling).

Das Wissen um Kommunikationsstrukturen impliziert, dass LernbegleiterInnen sich stetig in diesen Methoden üben und den Kindern die situationsangemessene Anwendung vorleben, aber auch eigene Lösungswege der Kinder unterstützen, die Erwachsenen auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen. Eine positive Wertevermittlung und das selbstverständliche, rücksichtsvolle Zusammensein als Schulgemeinschaft sind wesentliche Bestandteile im Alltag mit Groß und Klein.

Grundsätzliche Schulregeln

Bei aller Freiheit und Selbstbestimmung gibt sich die Schule einige Grundregeln, die einen Rahmen sichern sollen, aus dem Eigenverantwortung und friedliche Gestaltung des Zusammenlebens erwachsen können:

  • Körperliche Gewalt ist verboten.

  • Beleidigungen sind nicht erlaubt. Passiert es dennoch, ist für eine ernstgemeinte Entschuldigung oder anderen Ausgleich zu sorgen.

  • Wenn ich Konflikte nicht alleine lösen kann, hole ich mir Hilfe.

  • Jedes Ding hat seinen Platz und wird nach Gebrauch dahin zurückgebracht, wo es hergeholt wurde.

  • Meine Freiheit endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt.

  • Absprachen gelten und können nur von denen geändert werden, von denen sie beschlossen wurden.

  • Alle Menschen der Schulgemeinschaft sind für das Einhalten der Regeln verantwortlich. Das bedeutet, sie haben auch die Pflicht sich einzumischen, wenn Regelverstöße geschehen.

Andere Regeln sind situationsabhängig, verhandelbar und können von den Kindern in der Schulversammlung und im Morgenkreis aufgestellt und abgewählt werden. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Mehrheit entscheidet, sondern dass alle gehört werden und nach Möglichkeit ein Konsens angestrebt wird.

Leistungsbewertung

Noten motivieren stark, wenn man fast die besten Noten bekommt, aber wenn man schlechte Noten bekommt, motiviert das überhaupt nicht.

Jesper Juul

Im Hirn verkoppelt sich das, was man lernt, mit dem, was man beim Lernen empfindet. Bei Bestrafung durch schlechte Noten führt das dann z.B. dazu, dass man Gedichte nicht mag und Mathe auch nicht.

Gerald Hüther

Uns Menschen fällt es nicht leicht, Eigen- und Fremdwahrnehmung in Einklang zu bringen. Notengebung in herkömmlicher Praxis hinterlässt immer wieder Ungerechtigkeitsgefühle und lebenslange Spuren. Dem wollen wir entgegenwirken. Deshalb erhalten die Kinder an unserer Schule an sie formulierte Jahresbriefe mit Leistungs- und Entwicklungsbeschreibungen. Zusätzlich gibt es regelmäßiges individuelles Feedback von den Lernbegleitern in Einzelgesprächen und auch mit den Eltern zusammen.

Wenn ein Kind für den Übergang an eine andere Schule ein Ziffernzeugnis benötigt, wird dieses selbstverständlich in Absprache ausgestellt.

Inklusion

Wir möchten mit unserer Schule offen sein für Kinder mit Besonderheiten, denn gerade diese brauchen besondere Chancen im Leben. Wir (er)leben Vielseitigkeit als Bereicherung und als Möglichkeit für alle, Perspektivenwechsel einzunehmen und so auch über eigenen Grenzen hinauszuwachsen. Im täglichen Miteinander leben und lernen wir zusammen und schaffen so Möglichkeiten, damit Herkunft, Interessen, Erfahrungen, Fähigkeiten und Wissen aller Kinder wahrgenommen und zur Geltung kommen können. Inklusion bedeutet für uns, im Prozess zu sein – mit uns und mit anderen und aufeinander zu.

Kinderschutz

Wir sichern in unserer Schule die Intimsphäre der Kinder und schützen sie vor sexuellen und anderen Grenzverletzungen. Unsere LernbegleiterInnen sind vertraut mit dem Konzept der „Sicheren Orte“ für Kinder und sind sich ihrer Wichtigkeit als vielleicht erste Anlaufstelle für Kinder bewusst. Sie sind informiert über

den Umgang mit Verdachtsfällen und kennen klare Handlungsabläufe, wenn es zu Grenzverletzungen kommt. Die LernbegleiterInnen nehmen ihre Verantwortung als Vertrauensperson im Rahmen des Beschwerdesystems aktiv wahr. Diesen Prozess sichern wir durch regelmäßigen transparenten Austausch und Qualifizierung im Team. Interne und externe Unterstützung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft sind ergänzende Schritte.

Tages- und Wochenorganisation

Morgens können die Kinder ab 7:30 Uhr in Ruhe ankommen, sich untereinander austauschen oder vielleicht schon eine kurze Runde Fußball kicken. Um 9:00 Uhr beginnt der Tag für alle mit dem Morgenkreis, in dem gemeinsam der Tag begrüßt wird. Es werden Lieder gesungen, Geschichten erzählt, vielleicht ein Buch vorgelesen und der Tag besprochen. Ab 9:30 Uhr beginnt die erste gruppenübergreifende Lernzeit, in der jedes Kind an seinem mit den LernbegleiterInnen besprochenen Wochenplan arbeiten kann. Das kann das Ausfüllen eines Arbeitsblattes genauso bedeuten wie mit dem besten Freund ein englisches Kartenspiel spielen, selbstentworfene Dinosaurierkarten malen, sich mit der Freundin auf den Weg nach draußen zum Laubkehren machen oder sich von anderen die Tücke des Schrittes über den 20er-Raum hinaus erklären zu lassen. Von 10:30 – 11:00 Uhr ist gemeinsame Frühstückszeit. Anschließend findet die zweite Lernzeit bis 11:50 Uhr statt. Nach 10 Minuten Pause gibt es bis 12:50 Uhr in der dritten Lernzeit Freiarbeit in der eigenen Lerngruppe und einen Abschlusskreis. Danach ist der Hunger groß und es ist Zeit, draußen im Kreis gemeinsam Mittag zu essen und danach ein wenig auf der Wiese zu lümmeln.

Am Nachmittag gibt es ab 14:00 Uhr frei wählbare Angebote: es geht entweder raus aus der Stadt in die Natur, ab in die Werkstatt, zum Arbeiten mit Ton in den Robin Hood oder zum Bogenschießen in den Brosepark. Oder es wird einfach „nur“ gespielt.

Für das Lernen sind Fragen wichtig, und damit lebendige Fragen gestellt werden, braucht es eine lebendige Umgebung. Am wöchentlichen Waldtag haben die Kinder keine üblichen Lernzeiten, sondern treffen sich gleich morgens draußen und verbringen den Tag an unterschiedlichen Orten in der Natur. Hierfür können im Vorfeld unterschiedliche Module gewählt werden, z.B. Hüttenbau im Wald, Heilsalbe herstellen, Kraniche beobachten gehen, Giftpflanzen kennenlernen, Äpfel ernten und Apfelsaft pressen, Scoutwissen aneignen, Ahnenfeuer ohne Streichhölzer entzünden und hüten und vieles mehr. Was angeboten wird, hängt von der Jahreszeit und den Ideen und Wünschen der Kinder ab. Uns ist wichtig, dass auf alle Fälle unverplante Zeit zum Herumstreifen und Umherwandern bleibt, damit die Neugierde die Kinder und ihre Lern- und Entwicklungsprozesse leiten kann.

Um ihre Lernerfolge auf eine andere Stufe zu heben, können die Kinder am Freitag ihre Arbeiten im Kreis vorstellen und anderen erklären, was sie warum gemacht haben und welche Methode sie zum Erfolg geführt hat. Manch ein Kind wählt ein Plakat an der Pinnwand, ein anderes beschreibt sehr ausführlich mit Worten, und ein drittes mag einfach nur zuhören oder vor sich hin träumen.

Umweltbildung

Umweltschutz, Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) kommt eine immer größere Bedeutung zu. Deshalb wird selbstverständlich in der Schule ein verantwortungsbewusster Umgang mit Naturressourcen wie Energiesparen, Müllvermeidung, Mülltrennung, Essensrestverwertung durch die Biotonne, Anleitung zu sparsamem Umgang mit Naturressourcen wie Wasser u.v.m. vermittelt und gepflegt.

In Projekten lernen die Kinder, aus alten Gegenständen Brauchbares zu fertigen (von der Wiege bis zur Wiege), welche Auswirkungen unser Konsumverhalten auf die Bevölkerung in anderen Ländern hat und was Kinder machen können, um gesellschaftlichen Wandel zu begünstigen.

Um den Körper gut zu nähren, ist eine bewusste und gesunde Nahrungsaufnahme mit biologisch vollwertigem Essen und gesundem Wasser wichtig. Deshalb kommt das Essen mittags vom Bio-Caterer.